1811 text by Clemens August Schücking
Hier am Hügel heißen Sandes
Sitz` ich und mir gegenüber
Liegt mein sterbend Kind
Lechzt nach einem Tropfen Wasser
Lechzt und ringt schon mit dem Tode
Weint und blickt mit stieren Augen
Mich bedrängte Mutter an.
Du mußt sterben du mußt sterben
Armes Würmchen!
Ach nicht eine Träne
Hab` ich in den trocknen Augen
Wo ich dich mit stillen kann.
Ha! säh` ich eine Löwenmutter
Ich wollte mit ihr kämpfen
Um die Eiter kämpfen.
Könnt` ich aus dem dürren Sande
Nur ein Tröpfchen Wasser saugen!
Aber ach! ich muß dich sterben sehn!
Kaum ein schwacher Strahl des Lebens
Dämmert auf der bleichen Wange
Dämmert in den matten Augen
Deine Brust erhebt sich kaum.
Hier am Busen komm und welke!
Kömmt ein Mensch dann durch die Wüste
So wird er in den Sand uns scharren
Sagen das ist Weib und Kind.
Ich will mich von dir wenden
Daß ich dich nicht sterben seh`
Und im Taumel der Verzweiflung
Murre wider Gott!
Ferne von dir will ich gehen
Und ein rührend Klaglied singen
Daß du noch im Todeskampfe
Tröstung einer Stimme hörst.
Nur zu letzten Klaggebete
Öffn` ich meine dürren Lippen
Und dann schließ` ich sie auf immer
Und dann komme bald o Tod.
Jehova! blick` auf uns herab!
Erbarme dich des Knaben!
Send aus dem Taugewölke
Labung uns herab!
Ist er nicht von Abrams Samen?
Er weinte Freudetränen
Als ich ihm dies Kind geboren
Und nun wird er ihm zum Fluch!
Rette deines Lieblings Samen
Selbst sein Vater bat um Segen
Und du sprachst Es komme Segen
Über dieses Kindes Haupt!
Hab` ich wider dich gesündigt
So treffe mich die Rache ha!
Aber ach! was tat der Knabe
Daß er mit mir leiden muß?
Wär ich doch in Sir gestorben
Als ich in der Wüste irrte
Und das Kind noch ungeboren
Unter meinem Herzen lag;
Nein da kam ein holder Fremdling
Hieß mich rück zu Abram gehen
Und des Mannes Haus betreten
Der uns grausam itzt verstieß.

War der Fremdling nicht ein Engel?
Denn er sprach mit holder Miene
Ismael wird groß auf Erden
Sein Samen zahlreich sein.
Nur liegen wir und welken;
Unsre Leichen werden modern
Wie die Leichen der Verfluchten
Die der Erde Schoß nicht birgt.
Schrei zum Himmel armer Knabe!
Öffne deine welken Lippen!
Gott der Herr verschmäh` das Flehen
Des unschudgen Knaben nicht!

Song `Hagars Klage` (`Hier am Hügel heißen Sandes`), D   5 (Schubert)
Recorded: August 2008, Zurich.
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